Methodische Veränderungen bei der Berechnung des Footprint ab Oktober 2008
Der am 29. Oktober 2008 erschienene „Living Planet Report“ bringt neben spannenden und oft genug irritierenden Aussagen zu Footprint, zum Zustand der globalen Biodiversität und zur Verfügbarkeit von Wasser auch einige grundlegende Änderungen der Berechnungsmethode.
Die von den Wissenschaftern des Global Footprint Network erstellten Daten bilden die Grundlage für die weltweite Arbeit mit Footprint in den nächsten zwei Jahren. Aus den Roh-Daten errechnen sich alle weiteren Größen, wie der Footprint Österreichs, der globale Footprint, der globale Overshoot, der Welterschöpfungstag , der reginale Overshoot und vieles mehr.
Da Footprint wissenschaftlich eine noch junge Methode ist, wird weiterhin an Verbesserungen gearbeitet. Dadurch liegen alle 2 Jahre nicht nur neue Daten für Energie-Verbrauch, Konsum, Landnutzungseffizienz etc. vor, sondern auch geänderte Methoden.
Dies führt dazu, dass die neuen Zahlen nicht direkt mit denen des letzten Reports vergleichbar sind. Erst eine Berechnung aller vorhergehenden Jahre mit den neuen Methoden kann den wahren Trend zeigen. Und der ist – wie erwartbar – ungebrochen.
Allen Veränderungen zugrunde liegt der prinzipiell konservative Ansatz des Global Footprint Network. Jeder erkennbare denkbare Fehler in der Methode soll den Footprint eher unterschätzen, um jeder Unterstellung einer „Panikmache“ zu entgegnen. Denn für die Grundaussage, das globale ökologische Defizit, ist bei den heutigem Overshoot ist der Wert hinter dem Komma nebensächlich. An der Richtung des nötigen Entwicklungspfades ändert das nichts. Es gibt keinen Unterschied in den Maßnahmen, ob unser Lebensstil nun 2,5, 2,75 oder 3 Planeten in Anspruch nimmt. Schon 1,1 wäre nämlich zu viel!
Aus den aktuellen Berechnungen resultierenden nun leider „unaktuelle“ Zahlen auf dieser Web-Site, in alle existierenden Publikationen und im Footprint-Rechner.
Diese werden wir durch ständige Information und mittelfristig auch durch passende Updates berichtigen.
Wesentlichste Unterschiede zum Report 2006:
Statt den bisher als Bezug verwendeten 4,9 global Hektar durchschnittlicher Pro Kopf Verbrauch in Österreich listet der aktuelle Report nun 5,0 global Hektar auf.
Da sich die 4,9 aus Abrundung von 4,94 ergaben und die aktuellen 5,0 nun aus Aufrundung von 4,98 ergeben, ist der Unterschied eigentlich zu gering, um gedeutet werden zu können.
Für den Laien etwas verwirrend ist der Anstieg der verfügbaren globalen Biocapazität, was konterintuitiv zum dem Gefühl erscheint, dass die Erde nicht wachsen kann.
Der Grund dafür ist, dass im neuen Report auch „magere“ Biome wie der Übergang Taiga-Tundra nun in die Rechnung einbezogen werden. Deren Nutzung ist zwar eher theoretisch, aber es bleibt ein nutzbares Potential, hat also rechnerische Biokapazität.
Pro WeltbürgerIn ergeben die neuen Berechnungen für das Referenzjahr 2005 nun 2,06 gha pro Kopf (was ein signifikanter Anstieg gegenüber den bisher 1,8 gha bedeutet).
Erforderte der durchschnittliche Lebensstil der Österreicher im Bericht 2006 (auf Basis der Daten2003) noch 2,75 Planeten von der Qualität der Erde (4,94/ 1,8), so ist dieser Wert für 2005 nun rechnerisch auf genau 2,5 Planeten (5,0/2,0) „gesunken“. – Was kein Hinweis auf einen nachhaltigeren Lebensstil gibt sondern nur die geänderte Methode abbildet.
Deutlich stärker hat sich die Zuordnungen und Gewichtung der Flächenkategorien geändert. Dies führt auch zu einer deutlichen rechnerischen Abnahme der österreichischen Biokapazität von 3,42 auf 2,86. Als Konsequenz nimmt der lokale Overshoot damit deutlich stärker zu.
War für Österreich der Bedarf im letzten Report noch 1,44 mal die eigene Kapazität, so sind es nun schon 1,75 mal die österreichische Biokapazität.
Nochmals sei erwähnt, dass alle rechnerischen Änderungen keinen Einfluss auf die grundsätzliche Aussage haben:
Die Welt als Ganzes und Österreich ganz besonders lebt im Overshoot (mit akkumulierenden ökologischem Defizit)
Eine weiter prinzipielle, methodische Veränderung betrifft den Nuklear-Footprint:
Für Österreich ist dies zwar weniger bedeutsam, aber für Frankreich, Belgien oder Deutschland z.B messbar.
Seit 2000 war Atomkraft in die nationalen Datenblätter pro KWH mit dem identen Footprintwert eingerechnet worden wie Fossilenergie.
Nach ausführlichen Debatten hat das internationale National Accounts Commitee des Global Footprint Network beschlossen, diese Annahme zu ändern, weil es keine wissenschaftliche Basis für die Footprint-Äquivalenz von fossilem und atomaren Strom gibt.
Davon unberührt bleibt der energetische Footprint der Vorleistungen sehr wohl Teil der Berechnung. Von der stahl- und zement-verschlingenden Errichtung der Anlagen über den Uran-Abbau, die Wiederaufbereitung, die aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen bis hin zum Endlagerbetrieb fallen große Mengen an CO2 Emissionen an, die selbstverständlich eingerechnet werden.
Ziel der methodischen Weiterentwicklung war die höhere wissenschaftliche Konsistenz. Ergebnis ist ein kleiner, scheinbarer Vorteil für Länder mit Atom-Strom.
Mit dieser methodischen Änderung wird aber in keinster Weise ausgesagt, dass Atomkraft eine Alternative zu Fossilenergie sein kann!
Die gewichtigen Bedenken gegen die Atomkraft, die Probleme beim Endlager, die Sicherheitsfrage und die Proliferation, können per Definition nicht über Flächenbedarf abgebildet werden. Auch Flächen, die durch Unfälle a la Tschernobyl verloren gehen, können mangels Kenntnis über die Häufigkeit solcher Unfällen in der Zukunft nicht wissenschaftliche exakt zugeordnet werden.