29. Juli ist Welterschöpfungstag
Mehr als ein Klima-Notstand!
Am Montag, den 29. Juli ist Welterschöpfungstag 2019 (Earth Overshoot Day). Die Menschheit hat dann für dieses Jahr das nachhaltige Natur-Budget von Planet Erde aufgebraucht. Der 29. Juli ist der bisher früheste Zeitpunkt seit dem ersten Auftreten eines Öko-Defizits im Jahr 1970. Das Global Footprint Network berechnet die ökologische Verschuldung, indem sie die global verfügbare Biokapazität (die Fähigkeit der Ökosysteme, Nahrung und Naturstoffe bereit zu stellen und Schadstoffe wieder abzubauen) dem Ökologischen Fußabdruck der Menschheit (die Inanspruchnahme dieser Naturleistungen durch Produkte und Dienstleistungen) gegenübergestellt. Ist die Beanspruchung größer als der Nachschub, spricht man von einem Ökologischen Defizit, dem Ecological Overshoot.
Aktuell gehen etwa 60 Prozent dieser Übernutzung auf das Konto der überschüssigen CO2-Emissionen, die wegen der fehlenden Biokapazität nicht mehr in natürliche Kreisläufe zurückgeführt werden. Dies alleine hat schon höchst alarmierende Folgen und der Klimawandel ist zumindest im Prinzip durch die internationale Politik als große Gefahr erkannt.
Doch die Lage ist sogar noch ernster! Wir haben mehr als einen Klima-Notstand – wir haben einen Wahrnehmungsnotstand. Es fehlt noch an Globalverstand als Schwester für unseren Hausverstand, an der Fähigkeit, die Welt als das zu verstehen, was sie geworden ist: ein enges Raumschiff mit sehr vielen Passagieren!
Wie in jedem Raumschiff gibt es auch auf der Erde natürliche Begrenzungen.
Die eskalierende Klimakrise, die Ausbeutung der Urwälder, der weltweite Verlust der Artenvielfalt, die leergefischten und sauren Meere sowie die ausgezehrten Böden sind nur verschiedene Symptom der gleichen Ursache: Der Planet Erde ist zu klein geworden, zumindest für die Konsumgewohnheiten der „global consumer class“. Und eben längst auch für die bisherigen Methoden von Wirtschaft und Politik.
Ohne globale politische Rahmenbedingungen, die sicherstellen, dass nicht mehr Naturleistung verbraucht wird, als vorhanden ist, bleiben alle Konzepte von Nachhaltigkeit unerreichbar!
Unser zu großer Fußabdruck
Insgesamt bietet die Erde etwa 12,2 Milliarden Hektar bioproduktive Fläche. Der rechnerisch faire Anteil für jede ErdenbürgerIn beträgt demnach etwa 1,7 Globale Hektar (gha). Die durchschnittliche ÖsterreicherIn beansprucht dem gegenüber aber etwa 6,0 gha. Würden alle ErdenbürgerInnen auf ähnlich großem Fuß leben wie wir in Österreich, wären über 3 Planeten nötig, beim US-Amerikanischen Lebensstil fast fünf. Insgesamt, trotz weitverbreiterter Not und Hunger, beansprucht die Menschheit bereits die Naturleistung von 1,75 Planeten.
Da ein Zusatzplanet nicht in Sicht und faires Teilen nicht populär ist, herrscht gerade politische Hochkonjunktur für ‚Wir zuerst‘! Doch das ist so dumm, wie auf der Titanic ‚Rette meine Kabine!‘ zu schreien! Kein Rettungsversuch für einzelne Kabinen und kein Zaun um eine Nation kann die Katastrophen abwenden, auf die wir sehenden Auges zusteuern. Nur ein Kurswechsel des gesamten Schiffes wird die notwendigen Veränderungen bringen.
Die gute Nachricht: tatsächlich ließe es sich für jeden einzelnen mit einem fairen Anteil an der Welt gut leben, selbst wenn die Zahl der Menschen an die 10 Milliarden steigen sollten – freilich nur unter sehr geänderten Rahmenbedingungen.
Das Versagen der Politik
Der grundsätzliche Wandel in Richtung lebensfreundlichen Wirtschaftens hätte bereits vor mehr als 30 Jahre beginnen sollen. Die Auswirkungen der Übernutzung waren absehbar und Wissenschaft und NGOs haben bereits vor den Folgen des Klimawandels gewarnt. (siehe „Toronto Ziele 1988“: minus 20% CO2 bis 2005 in den OECD Ländern) Anders als beim Kampf gegen das Ozonloch kam es aber zu keinem internationalen Schulterschluss und die Interessen der Fossil- und Automobilindustrie konnten für weitere Jahrzehnte die globale Wirtschaft dominieren. Verlorene Jahrzehnte, verlorene Chancen zum Neugestalten des 21. Jahrhunderts.
Der grundsätzliche Wandel in Richtung lebensfreundlichen Wirtschaftens hätte bereits vor mehr als 30 Jahre beginnen sollen. Die Auswirkungen der Übernutzung waren absehbar und Wissenschaft und NGOs haben bereits vor den Folgen des Klimawandels gewarnt. (siehe „Toronto Ziele 1988“: minus 20% CO2 bis 2005 in den OECD Ländern) Anders als beim Kampf gegen das Ozonloch kam es aber zu keinem internationalen Schulterschluss und die Interessen der Fossil- und Automobilindustrie konnten für weitere Jahrzehnte die globale Wirtschaft dominieren. Verlorene Jahrzehnte, verlorene Chancen zum Neugestalten des 21. Jahrhunderts.
In Österreich ist die politische Untätigkeit in Sachen Footprint und Klima besonders stark ausgeprägt. Während in den meisten Ländern Europas wenigstens ein Abnehmen der Treibhausgasemissionen erkennbar ist, liegen diese in Österreich insgesamt sogar höher als 1990!Diese Versäumnisse haben nicht nur unvorstellbar viele Milliarden in die Öl-Länder abfließen lassen, sie werden den Österreicherinnen in Zukunft sogar noch deutlich mehr kosten – Geld, Natur und auch Menschenleben!
Nur ein sofortiges Einleiten einer Decarbonisierung und Dematerialisierung unserer Gesellschaft kann noch das Ärgste abwenden.
Die notwendigen Schritte dazu sind lange bekannt: Ausstieg aus fossilen Energieträgern, Reduktion der Energieverschwendung (Effizienz), das Schließen aller wirtschaftlichen und technischen Kreisläufe (Kreislaufwirtschaft) sowie vollständige Kostenwahrheit beim Wirtschaften (Öko-Steuern,. Ressourcen-Deckelung, …)
In den industrialisierten Ländern ist neben dem Ausnutzen der technologischen Möglichkeiten unbedingt auch eine absolute Reduktion des Verbrauchs an Energie und Gütern erforderlich.(Suffizienz)
Auch Kreislaufwirtschaft und Bio-Ökonomie haben Grenzen, denn selbstverständlich sind auch nachwachsende Rohstoffe wie Holz und Biomasse nicht in beliebiger Menge verfügbar – und schon heute sehr oft übernutzt!
Und nicht zuletzt ist für ein friedliches Miteinander von Menschen und Natur auch eine allgemeine Entschleunigung angeraten, Tempo raus zu nehmen, aus dem Verkehr, aus der Wirtschaft und aus dem Leben.
Dies reduziert mehr als den Ökologischen Fußabdruck! Es verringert Stress und persönlichen Druck.
Ein kluges Teilen von Ressourcen und Arbeit, zwischen allen Menschen, wird jeder/m Einzelnen wieder Zeit bringen. Die so dringend Zeit zum „guten Leben“.
Was uns wirklich fehlt, ist nicht Energie oder Ressourcen; Was uns fehlt ist die Fantasie, uns eine andere Welt vorzustellen.
Nun haben die „jungen Wilden“, die erste Generation des 21.Jh, jedes Recht, die Gestaltung ihres Jahrhunderts selbst in die Hand zu nehmen, mit Mut und Fantasie für ein neues, wichtiges Recht zu kämpfen:
die Freiheit, nicht auf Kosten anderer Leben zu müssen.
Den enormen Fortschritt fortan dafür zu nutzen, wofür er ursprünglich angestrebt wurde: für ein besseres Leben.
Schrumpfen muss einzig und allein die Inanspruchnahme der Erde als Rohstoffquelle und Müllhalde. Alles andere darf weiter wachsen, Freude und Freunde, Wissen und Weisheit, Zeit für uns und unsere Liebsten, Spaß und erfülltes Sexleben … alles darf wachsen, in einem Ausmaß, das heute vielen noch unvorstellbar ist.
Wieder genug Zeit zu haben, eine faire, friedliche und ökologisch stabile Welt ganz ohne Fossilenergie und ohne schlechtes Gewissen bereisen zu können, mit modernsten, windgetriebenen Schiffen ferne Länder und andere Kulturen kennen zu lernen, sich mit gleichberechtigten Mitmenschen ohne Grenzen austauschen zu können …
muss keine naive Vision jugendlicher Träumer bleiben.
Wir waren noch nie so nahe an einer Welt, in der wir gerne Leben würden – theoretisch. Wir stehen uns nur selbst im Weg.
–> Tool zum raschen Abschätzen des Persönlichen Overshoot Days