Was ist gerecht?
Gerechtigkeit in einem ungleich verteilten, zugleich begrenzten System ist ein enorme Herausforderung.
Ungleiche als gleich zu behandeln, darüber hat schon Aristoteles nachgedacht, kann eine grobe Ungerechtigkeit darstellen.
Nicht jede Abstufung, nicht jede Hierarchie ist ungerecht. Es gibt nun einmal gescheite und blöde, faule und fleißige. Und es gibt auch mehr- oder weniger „entwickelte“ Länder.
Einen Sinn für Gerechtigkeit haben bedeutet, auf die Unterschiede Rücksicht zu nehmen. Wenn die WTO von „freiem“ Welthandel spricht, und meint damit gleiche Regeln für alle, dann ist das so unfair wie ein Boxkampf zwischen einem hungrigen 50-Kilo Nepalesen und einem durchtrainierten 120-Kilo Weltmeister aus Deutschland.
Nachdenken über Verteilungsgerechtigkeit muss die Frage erlauben, wie viel Ungleichheit gerechtfertigt sein kann? Eine schwierige Aufgabe, für den Anfang aber nicht sehr bedeutend, denn dass die existierende globale Ungleichheit nicht gerechtfertigt ist, daran kann kein Zweifel bestehen.
Allzu viel Zeit bleibt nicht. Die zunehmende Knappheit wichtiger Ressourcen spitzt die Ungerechtigkeit der ungleichen Ressourcenverteilung dramatisch zu. Die Ressourcenverteilung wird zunehmend zu einem Nullsummenspiel, in dem die Gewinne der einen zum Verlust der anderen werden. Aus der Überaneignung des Umweltraums wird damit Raub, im Fall des Fußabdruckes eben „Flächenraub„.
Eine global gerechte Ressourcenverteilung im Sinne einer globalen Ethik verlangt, dass jede Gesellschaft ihren Verbrauch nach Regeln einrichtet, die im Grundsatz von allen andern übernommen werden können. Die heute gegebene Übernutzung der Welt durch die starken Länder auf Kosten der vielen schwächeren Länder widerspricht diesem Grundsatz zutiefst.
Gerechtigkeit verlangt also den Verzicht auf Übernutzung der produktiven und assimilativen Kapazität der Erde. Was die Fläche betrifft, verlangt Gerechtigkeit nach einer globalen „Landreform“. Wie das in einer Welt gelöst werden kann, in der jeder Quadratmeter (außer der Antarktis) zugleich auch Besitz ist, sei es privater oder staatlicher, bleibt zu klären.
In jedem Fall ist das intransitive Anstreben von Gerechtigkeit in einer begrenzten Welt gleich zu setzen mit dem Anstreben anderer Wohlstandsformen. Einer Lebensart, die die Vermehrung des Natur- und Sozialkapitals zum Ziel hat. Einer Gesellschaft, die in der Lage ist, aus einem Geldeinkommen ein Maximum an Wohlergehen zu erzeugen, ohne dabei auf Anteile des Naturkapitals anderer zurückgreifen zu müssen oder dieses gar unwiederbringlich zu zerstören.
Wem das nicht attraktiv scheint, der sollte sich mit den anderen Optionen vertraut machen. Wachsen bis zum ökologischen Kollaps oder das Verteidigen des Ungleichgewichtes, das gewaltsame Aufrechterhalten der Ungerechtigkeit. Beides ist in letzter Konsequenz um vieles schrecklicher und unmenschlicher als das Leben in selbstgesetzten Grenzen.