1. Ersetzt der Footprint alle anderen Nachhaltigkeitsindikatoren?
Nein! Das Wirtschaften innerhalb der vorhandenen Kapazität ist zwar eine unbedingt notwendige Voraussetzung, aber keine hinreichende Bedingung für Zukunftsfähigkeit. Die Bewahrung der Artenvielfalt, die Fruchtbarkeit der Böden, der sorgsame Umgang mit Wasser und das Vermeiden toxischer, gentechnischer oder radioaktiver Schadwirkungen bleiben weiterhin höchst relevant und müssen mit anderen Maßzahlen gemessen werden.
2. Was bedeutet Overshoot. Wie kann man „mehr als einen Planeten“ verbrauchen? Wie soll man sich das vorstellen?
Overshoot ist die wichtigste Sache der Welt, von der noch nie jemand gehört hat. Errechnet man den Fußabdruck der gesamten Menschheit, so stellt sich heraus, dass bereits 1,5 Planeten beansprucht werden. Was wie ein Rechenfehler anmutet, bedeutet, dass bereits das Kapital der Natur verbraucht wird und wir nicht mehr nur die „Zinsen“ der Natur ernten. Das ist auf Dauer nicht möglich!
Die Übernutzung zeigt sich unter anderem am fortschreitenden Klimawandel, an den leergefischten Meeren, den gerodeten Urwäldern und der schwindenden Artenvielfalt.
Die Kapazität der Erde reicht schon heute nicht mehr aus die Menschheit dauerhaft mit dem zu versorgen, was gebraucht wird, und um die Abfälle wieder aufzunehmen, die nicht mehr gebraucht werden. Erschwerend kommt dazu, dass der Großteil der Menschheit aus dem Raubbau an der Natur keinen Nutzen hat. Weniger als ein Viertel der Menschheit verprasst drei Viertel aller Ressourcen. Die globale Herausforderung ist nicht mehr und nicht weniger als sich mit einem Planeten zufrieden zu geben und diesen einen auch gerechter aufzuteilen.
3. Schiebt Footprint nicht zuviel Verantwortung auf die KosumentInnen und nimmt damit Druck von der Politik?
Nein. Footprint nimmt Politik, Wirtschaft und KonsumentInnen gleichermaßen in die Pflicht.
Ziel ist ein gutes Leben auf kleinem Fuß, ein Leben mit global verträglichem Fußabdruck.
Dies wird einen großen gesellschaftlichen Wandel erfordern, sowohl eine Neuorientierung der Politik wie auch eine Umstellung der Wirtschaft, genauso wie andere zukunftsfähige Lebensstile. Zu diesem Wandel müssen alle gesellschaftlichen Kräfte GEMEINSAM beitragen.
So ist etwa ist der Ratschlag „Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel“ nur dort individuell umzusetzen, wo auch das Angebot passt. In anderen Regionen ist die Politik gefordert, dieses Angebot zu ermöglichen – und die Rolle der BürgerInnen besteht darin, diese Angebote von Politik und Wirtschaft entsprechend zu fordern und die Kosten auch anzunehmen.
4. Ist Footprint nicht nur eine Moralpredigt ohne Chance auf Anschlussfähigkeit?
Nein, Footprint gibt keine Handlungsanleitungen mit erhobenem Zeigefinger.
Footprint ist ein Bilanzinstrument und zeigt, wie viel wir haben. Ähnlich wie mit der Kenntnis über das Taschengeld der Kinder oder das Einkommen der Familien werden mit dem Footprint nur die Grenzen des Möglichen aufgezeigt. Ob eine Kinokarte oder eine DVD, die Wahl bleibt bei den Kids. Wie die faire Anzahl an Global Hektar eingesetzt wird, bleibt jedem überlassen.
Footprint gibt dabei wertvolle Hinweise, wie ein gutes Leben innerhalb der Grenzen der Biosphäre ausschauen kann. Und macht deutlich, dass wir nichts zu verschenken haben.
Ob jemand den fairen Anteil (heute etwa 1,4 gha) im Auto verfährt, über Fleisch verspeist oder durch schlecht isolierte Fenster vergeudet, oder mit einem Transatlantikflug verpulvert ist im Prinzip die freie Entscheidung jedes Einzelnen.
Klug ist es wohl kaum, einen begrenzten Schatz ineffizient zu verschleudern.
5. Was sagt uns Footprint Neues über die Fairness auf der Welt?
Dass die Welt nicht fair ist, ist bereits wohl bekannt. Aber beim Vergleich der Footprints wird besonders deutlich bewusst, dass Wohlhabende mehr als sprichwörtlich auf Kosten anderer leben. Denn jeder Hektar, den eine globale KonsumentIn mehr in Anspruch nimmt als ihr zusteht, muss einem anderen Menschen unweigerlich fehlen, da die gesamte Fläche der Erde nicht wachsen wird. Die Zahl der Menschen aber noch (bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts auf etwa 9 Milliarden), was sogar zu einer Verringerung des persönlichen Anteils führen wird.
Zwar wäre sogar eine Welt denkbar, in der 10% der Weltbevölkerung 90% aller Ressourcen verbrauchen und die trotzdem nicht im Overshoot leben (siehe Frage 3), wünschenswert und damit demokratisch möglich wäre so eine Welt aber nicht.
In keinem Fall könnte eine dermaßen ungerechte Welt eine friedliche Welt sein.
6. Was kann Footprint zur Ausrichtung von Entwicklungszusammenarbeit beitragen?
Footprint legt nahe, dass die meiste „Entwicklung“ in den Industrie-Staaten stattfinden muss. Kein Deni im Amazonas und kein Papua in Neu Guinea ist so weit von einem modernen und zugleich zukunftsfähigen Lebensstil entfernt wie eine BewohnerIn der Industrieländer.
Im Bereich der klassischen Entwicklungszusammenarbeit gibt Footprint wertvolle Hinweise auf die zugrunde liegende Ausgangslage.
Es lassen sich vier Typen von Ländern unterscheiden, die alle differenzierte Strategien zur Bewältigung der Zukunftsherausforderungen brauchen.
Footprint passend und „Wohlstand“ und Zufriedenheit groß: Idealzustand, noch von keinem Land erreicht.
Muss Ziel jedes Landes sein
Footprint klein und „Wohlstand“ klein: große Chancen vorhanden.
Ziel sollte sein, den Wohlstand und die Zufriedenheit zu heben, ohne den Footprint all zu stark zu vergrößern.
Footprint groß, „Wohlstand“ groß: keine besondere Kunst, auf Kosten anderer zu leben. All zu oft fehlt trotzdem die Zufriedenheit.
Ziel sollte sein, den Footprint zu reduzieren, die Zufriedenheit dabei zu heben, ohne die wertvollen Elemente des Wohlstands (Bildung, Gesundheit, Freiheit) zu gefährden.
Footprint groß, „Wohlstand“ klein: unglücklichste Kombination, fast immer durch Fremdkontrolle und Ausbeutung entstanden.
Ziel sollte sein, den Wohlstand zu vergrößern und den Footprint zu senken, was durch höhere Selbstständigkeit, Verbesserung der Technologie, gleichzeitiger Stärkung der Subsistenz und Besinnung auf den Heimmarkt möglich wird.
7. Bedeutet eine Reduktion des Footprints nicht ein Zurück in die Höhlen?
Nein, im Gegenteil! Es gibt sicher nicht genug Höhlen für bald 7 Milliarden Menschen!
Das „gute Leben von einem Hektar“ ist DIE Zukunftsherausforderung des 21. Jahrhunderts und erfordert alles an technologischer Innovation, zu der die Menschheit fähig sein wird. Das begrenzt Vorhandene muss möglichst effizient genutzt werden.
Zugleich verlangt diese Zukunftsherausforderung nach vielen sozialen Innovationen, nach Kooperation statt Konkurrenz, nach Grundabsicherung und mehr Fairness. Nicht zuletzt ist ein gründliches Nachdenken angesagt bei der Frage „Was ist ein gutes Leben?“
Mehr als jede andere Utopie verspricht eine Reduktion des Footprints auf ein global verträgliches Maß ein entschleunigtes, faires, friedvolles und zufriedenes Leben – mehr sein statt mehr haben.
8. Ist Footprint als Maß für Nachhaltigkeit nicht ungeeignet, wenn er blind gegenüber Risiko und Artenverlust ist?
Nein. Footprint ist ein Bilanzinstrument und vermittelt ganz wichtige Informationen, die sonst gerne übersehen werden. Wie viel Biokapazität ist in einer gegebenen Region vorhanden, wie viel wird tatsächlich in Anspruch genommen? Die Bilanz kann positiv oder negativ ausfallen, was sowohl für die Welt, als auch für eine Volkswirtschaft oder eine Person einen großen Unterschied macht. Ähnlich wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat auch die Footprint-Bilanzierung Schwächen. So wie jeder Herzinfarkt das BIP erhöht, so kann heftige Düngung und Spritzmittel die Biokapazität eines gegebenen Hektars im Bilanzjahr rechnerisch erhöhen. Langfristig ist der Preis dafür natürlich hoch (genau wie beim Herzinfarkt) und macht sich im Laufe der Zeit durch Verlust von Artenvielfalt und fruchtbarem Boden sehr wohl negativ bemerkbar. Im Jahr der Messung ist der Footprint dafür allerdings tatsächlich „blind“. Dafür gibt es andere nützliche Maßzahlen. (Siehe Frage 1)
9. Haben auch Firmen und Konzerne einen Footprint?
Technisch gesprochen haben Firmen keinen Footprint. Der üblicher Weise angegebene oder in Footprint-Rechnern bestimmte Ökologische Fußabdruck ist der sogenannte Konsum-Footprint.
Er gibt an, wie viel eine Person oder eine Bevölkerung an Ressourcen und Senken (gemessen in Flächen) zur Deckung ihrer Bedürfnisse in Anspruch nimmt, egal wo auf der Welt dieser Flächen liegen.
Die herstellenden Firmen haben selbstverständlich einen Produktions-Footprint. Der kann aber nicht mit dem Konsum-Footprint verglichen werden.
Bei letzterem leisten Betriebe mehr oder weniger Beitrag zum Footprint der Endkonsumenten, spielen also eine bedeutende Rolle bei dem Versuch, den Footprint zu reduzieren. So könnte eine Zeitung aus 100% Recycling Papier unter ausschließlicher Verwendung von Ökostrom hergestellt sein. Diese Zeitung belastet den Footprint der Konsumentinnen entsprechend deutlich weniger als eine Zeitung, für die Wälder gerodet und Kohle oder Öl für den Strom verbrannt wurden.
So zum Beispiel tragen Chinas steigende CO2-Emissionen zwar zum „Produktions-Footprint“ Chinas bei, beim im Rechner betrachtete Konsum-Footprint werden diese Emissionen aber den Millionen KonsumentInnen in Europa und den USA zugerechnet, die die in China erzeugten Produkte schließlich kaufen und benutzen. So kann es sein, dass ein Spielzeug aus China der KäuferIn deutlich mehr Footprint beschert als ein ähnliches Produkt aus einer modernen, umweltverträglichen Fabrik. Dieser Unterschied ist meist bedeutend gravierender als der mit Waren aus der Ferne üblicherweise assoziierte Transportaufwand.
10. Kann man den Footprint auch für Gemeinden und Städte errechnen?
Ja, dies ist möglich. Allerdings ist der Aufwand beträchtlich, da anders als bei Staaten und Personen die Warenströme und Energie-Bilanzen selten bekannt sind.
Die größte Herausforderung liegt im Festlegen der Systemgrenzen. Eine große Fabrik im Gemeindegebiet (oder ein Flughafen, etc.) könnten den Footprint der Gemeinde ins Absurde verzerren. Umgekehrt hängt das wirtschaftlichee Wohlergehen vieler Gemeindemiglieder oft genug von solchen Einrichtung ab.
Heute wird weltweit daran geforscht, wie Gemeinde-Footprints allgemein vergleichbar darstellbar werden.